Anlagestrategien - Was Privatangeleger von Unternehmen lernen können

„Viele Firmen haben wieder gut gefüllte Kassen. Doch Tages- und Festgeld bringen derzeit nur Minizinsen. Wer Bares anlegen will, hat aber noch mehr Alternativen zum Sparschwein.

Die Krise? Ist inzwischen nicht mehr als eine böse Erinnerung bei der Dillinger Fabrik gelochter Bleche (DFGB). Um fast 30 Prozent waren die Umsätze des Herstellers von Fassadenelementen, Schallschutzmodulen und Filtern aus Edelstahl im Jahr 2009 eingebrochen. Timo Kraus, Leiter des Rechnungswesens, musste damals rigoros die Kasse plündern und den Bargeldpuffer der Firma nutzen, um die Durststrecke zu überstehen. Dann trieb er offene Forderungen ein, baute Vorräte ab - alles, um neue Reserven aufzubauen.

Jetzt sind die Kassen fast wieder so gut gefüllt wie vor der Krise. Noch ist das alte Niveau nicht ganz erreicht, das Unternehmen musste im Aufschwung derart viele neue Aufträge vorfinanzieren, dass ein erheblicher Teil des Kassenbestands gebunden ist. Liquidität sei eben deutlich träger als Umsatz, sagen Finanzfachleute. Bei DFGB kommt hinzu: "Wir holen jetzt Investitionen nach, die wir 2009 und 2010 zurückgestellt hatten", sagt Kraus. Trotzdem hat die Firma wieder Bares auf der hohen Kante.

Anders als 2007 kann Finanzchef Kraus die Mittel aber nicht mehr rentierlich in Fest- und Tagesgeld oder Geldmarktfonds parken. "Die Zinsen sind viel zu niedrig", sagt er, "das lohnt sich überhaupt nicht." Also nutzt er die Liquidität, um Aufträge zu finanzieren oder Maschinen zu kaufen. Was übrig bleibt, liegt einfach auf dem Firmenkonto herum. Dass er dort nicht mal einen Ausgleich für die Geldentwertung bekommt, ist Kraus egal. Denn auf riskantere Anlageprodukte will er verzichten. "Ich bin lieber vorsichtig", sagt der DFGB-Schatzmeister.

 

Viele Mittelständler sehen das ähnlich: Ihre Bargeldreserven haben sich im Durchschnitt seit dem Krisenjahr 2009 mehr als verzehnfacht, das ergab eine Umfrage der Commerzbank und der Fachhochschule des Mittelstands zur sogenannten Treasury im Mittelstand, also zu Liquiditätsmanagement und Finanzanlage. Die Studienautoren erwarten, dass Mittelständler in den kommenden Monaten weitere Cash-Rücklagen aufbauen werden. "Viele Unternehmen haben die Auswirkungen der jüngsten Finanzkrise noch vor Augen", sagt Christian Gorny, Vorstand der Wirtschaftsprüfung BDO. Sie wüssten: Im Extremfall kann eine Liquiditätslücke existenzbedrohend sein. "Um gewappnet zu sein, haben viele Unternehmer Polster aufgebaut."

Doch wohin damit? Das klassische Tages- und Termingeld, neben dem Firmenkonto die mit Abstand wichtigste Anlageform für Unternehmen, bringt kaum noch etwas ein. Tagesgeld für Firmenkunden wirft derzeit im Durchschnitt deutlich unter einem Prozent Zinsen ab, hat Max Herbst errechnet, Inhaber der unabhängigen Finanzberatung FMH, die regelmäßig die Zinskonditionen der Banken untersucht. Und das bei einer Inflationsrate von 2,1 Prozent. Auch Festgeld kommt - zumindest mit Laufzeiten unter sechs Monaten - nicht gegen die allgemeine Preissteigerung an.

Finanzberater Herbst empfiehlt Mittelständlern, sich wenigstens die Tages- und Festgeldangebote herauszupicken, die noch einigermaßen attraktive Konditionen bieten - und sich nicht zu scheuen, häufiger den Anbieter zu wechseln. "Zurzeit sind die Autobanken interessant", sagt Herbst. Wer überschüssige Gelder lieber bei seiner Hausbank parken möchte, sollte wenigstens verhandeln, rät der Experte: "Wenn das Unternehmen oder der Unternehmer dort auch ein großes Aktiendepot unterhält, das man ja jederzeit abziehen kann, bringt das Verhandlungsmacht." Im Corporate Banking lassen sich höhere Anlagezinsen individuell vereinbaren.

Viele Unternehmen versuchten zudem, mit Tricks die Laufzeiten ihrer Anlagen zu verlängern, weil dann die Zinsen höher ausfielen, beobachtet Frank-Oliver Wolf, im Mittelstandsgeschäft der Commerzbank für Anlage-, Zins- und Währungsmanagement verantwortlich. "Wer zuverlässig jeden Monat einen bestimmten Betrag benötigt, kann diese Summe ja auch zwölfmal pro Jahr als Jahresfestgeld anlegen", sagt Wolf. Dann wird Monat für Monat ein Konto fällig, und das Unternehmen kassiert laufend die höheren Festgeldzinsen.

Auf diese Weise können Firmen auch saisonale Schwankungen ausgleichen, wie etwa in der Modebranche, die immer im Frühjahr ihre neue Kollektion in die Geschäfte bringt. Die Produktion startet jedes Jahr im Herbst und muss vorfinanziert werden. Das Geld aus dem Verkauf aber kommt erst ein halbes Jahr später in die Kasse. Also kann der Finanzchef die Verkaufserlöse vorausschauend in Festgeld mit verschiedenen Laufzeiten anlegen - genau so gestaffelt, dass während der Produktionsmonate genügend Geld auf dem Firmenkonto ist.“

Quelle/Weiterlesen

 

Kommentare