Eltern haften für Ihre Kinder - oder?

Wer als Aufsichtspflichtiger ein dreieinhalbjähriges Kind in einem nur mit wenigen Kunden gefüllten Kaufhaus nicht permanent im Auge behält, dem kann nicht vorgeworfen werden, seine Aufsichtspflicht verletzt zu haben.

Es reicht aus, wenn der Aufsichtspflichtige einige Meter vor dem Kind hergeht und regelmäßig nach ihm schaut – so das Amtsgericht Koblenz in einer jetzt bekannt gewordenen Entscheidung vom 10. Mai 2007 (Az.: 4 C 43/07).

Sturz einer älteren Dame

Nach einer Mitteilung des Anwalt Suchservice war die 79-jährige Klägerin in einem Kaufhaus zu Fall gekommen. Dabei hatte sie sich erheblich verletzt.

Die ältere Dame behauptete, dass der dreieinhalbjährige Sohn des Beklagten seitlich in sie hineingelaufen sei, und sie dabei zu Boden gestoßen habe.

Sie machte den Vater des Kindes für den Zwischenfall verantwortlich. Denn dieser war zum Zeitpunkt des Unfalls unbestritten einige Meter vor seinem Sohn hergegangen, ohne ständig nach ihm zu schauen.

Erfolglose Klage

Der Vater war allerdings der Ansicht, ausreichend auf seinen Sohn aufgepasst zu haben. Er wies daher die Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Forderungen der Verletzten als unbegründet zurück.

Auch mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hatte die Frau keinen Erfolg. Sie musste zu ihrem Verdruss auch noch die Kosten des Rechtsstreits bezahlen.

Zwar ist ein Vater dazu verpflichtet, sein dreieinhalbjähriges Kind wegen seiner altersbedingten Unerfahrenheit zu beaufsichtigen. Aufsicht bedeutet allerdings nur, den Aufsichtsbedürftigen zu beobachten und zu überwachen, nicht aber sich ständig in seiner unmittelbaren Nähe aufzuhalten.

Weder praktikabel noch kindgerecht

Die Intensität der Aufsichtspflicht von Eltern ist nicht nur von dem Alter des Kindes abhängig, sondern auch davon, ob es sich um ein besonders lebhaftes und schwer zu beaufsichtigendes Kind handelt. Von Letzterem ging das Gericht in dem zu entscheidenden Fall nicht aus.

Eine Überwachung eines dreieinhalbjährigen Kindes auf Schritt und Tritt ist nach Überzeugung des Gerichts weder praktikabel noch kindgerecht. Der Vater war daher nicht dazu verpflichtet, seinen Sohn in dem Kaufhaus ständig im Auge zu behalten oder ihn gar an der Hand zu führen.

Angesichts der Tatsache, dass sich in dem Kaufhaus nur relativ wenige Menschen aufhielten, musste der Vater auch von keiner erhöhten Gefahrenlage ausgehen. Er musste im Übrigen auch nicht damit rechnen, dass sein Sohn eine nicht mehr ganz so standfeste Person umlaufen könnte.

Quelle: VersJ vom 22.1.08

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