Dossier Privatversicherer auf Kundenfang

von Ilse Schlingensiepen (Köln)

Private Krankenversicherer (PKV) bereiten sich auf eine Abwerbeschlacht untereinander im ersten Halbjahr 2009 vor. Ihr Hilfsmittel ist pikanterweise der Basistarif, eines der Elemente der Gesundheitsreform, das die Branche heftig bekämpft.

Die Central Kranken, die der AMB Generali gehört, wirbt für einen Optionstarif, der wenige Euro kostet und mit dem Kunden anderer Anbieter 2009 zu ihr wechseln können. Auch Unternehmen wie Axa Kranken und LVM bieten Ähnliches an. Damit können Vertriebe heute schon Kunden werben.

Bisher ist der Wechsel zwischen PKV-Unternehmen teuer. Denn Kunden bauen Alterungsrückstellungen auf, die beim Abwandern zum Konkurrenten bei der Altgesellschaft bleiben. Wer wechselt, zahlt erneut für die Alterungsrückstellung.

Mit dem Basistarif ändert sich das. Die Bundesregierung hat die PKV verpflichtet, ihn ab 1. Januar 2009 anzubieten. Sein Leistungsniveau soll dem der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen, die Prämien sind gedeckelt. Das Besondere: Kunden können bei einem Wechsel in den Basistarif eines anderen Versicherers ihre Alterungsrückstellungen zum größten Teil mitnehmen. Bestandskunden können nur zwischen dem 1. Januar und 30. Juni 2009 wechseln.

Basistarif als Sprungbrett

Einige PKV-Gesellschaften wollen dabei den Basistarif als Sprungbrett nutzen - die Gesellschaft wirbt einen Kunden beim Rivalen ab, der geht in den Basistarif der Neugesellschaft, wechselt dort aber sofort weiter in einen anderen, höherwertigen Tarif. Das Resultat: Er hat den Versicherer gewechselt, gleichwertigen Versicherungsschutz behalten und die Alterungsrückstellung größtenteils mitgenommen.

Die Branche ist uneins, ob das rechtlich möglich ist. Das Gesetz lässt die Frage offen. "Es ist nicht der politische Wille, den Basistarif als Sprungbrett für andere Tarife anzusehen", monierte der Vorsitzende des PKV-Verbands, Reinhold Schulte. Der Verband verhandelt mit der Finanzaufsicht BaFin, um eindeutige Regelungen festzuklopfen.

Einige Anbieter bereiten sich darauf vor, dass das nicht gelingt. "Es wird beim Basistarif Gewinner und Verlierer geben. Wir tun alles, um zu den Gewinnern zu gehören", sagte Central-Vorstand Friedrich Schmitt.

Verfassungsbeschwerden eingelegt

Verbandschef Schulte, der auch Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna Gruppe ist, hält den Kampf um den Basistarif für einen gefährlichen Weg. Vertreter könnten Haftungsprobleme bekommen. Interessant ist der Wechsel ohnehin nur für gesunde Kunden. Denn wechselt man beim neuen Unternehmen in einen anderen Tarif, wird eine erneute Gesundheitsprüfung fällig. Kranke Versicherte bleiben beim alten Unternehmen. Verlieren Versicherer viele junge, gesunde Kunden, müssen sie für den Bestand die Prämien erhöhen. "Es könnte bei einzelnen Unternehmen zu Verwerfungen kommen", warnte Schulte. Die Politik habe das Problem erkannt.

 

Mit Verfassungsbeschwerden gegen die Gesundheitsreform greifen 30 PKV-Gesellschaften - darunter die Central - auch den Basistarif an. Für Schmitt ist das kein Widerspruch. "Wenn man eine Verfassungsbeschwerde laufen hat, muss man als Unternehmen realistischerweise beide Optionen ins Kalkül ziehen."

Quelle: Aus der FTD vom 31.03.2008

 

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