die Börse, von Künstlern und wer so alles abwrackt

Das war heute mal ein wahrhaft toller Tag. Sonnig, strahlend blauer Himmel, warm und dennoch nicht zu heiß.
Ich habe tolle Fotos mit meiner neuen Spiegelreflexkamera geschossen, Macroaufnahmen von schönen Blumen und Schmetterlingen und lade diese nun auf meinen stylischen Laptop.
Was es alles heute gibt, so wahnsinnig durchdacht, idiotensicher und dann auch noch so günstig. Gut, alles relativ. Aber verglichen mit meiner T-70 aus den goldenen 80-ern ein wahres Schnäppchen.
Wie schaffen das nur diese kleinen Japaner, so was für so wenig Geld zu verkaufen?
Es muß wieder mal etwas mit dem Wertverfall zu tun haben.
Uns umgibt ja eine Flut von Wert- und noch schlimmer Werteverfall.
Und da erfahr ich doch mal wieder mein erstes nervöses Zucken an diesem doch so schönen Tag. Nachdem ich kurz die Augen schließe und mich schon als berühmten Fotografen sehe, bei Modellen für meine Fertigkeiten geschätzt, entdecke ich beim öffnen selbiger tatsächlichen einen wahren Künstler auf meinem Tisch.
Nicht falsch verstehen, dieser befindet sich nicht in natura räkelnd vor mir, aber ein toller Essenheimer Riesling. Eine verzaubernde Komposition aus Geschmack und Duft.
Das ist natürlich klar, daß es dort keinen Wertverfall gibt.
Und wieder die Frage, wie schafft es der Winzer nur, so ein Erlebnis für die Sinne zu kredänzen. Er hat es einfach gelernt und ist nebenbei wahrscheinlich noch begabt und voller Hingabe für seine Sache, den Wein.
Ein Künstler in seinem Fach, ich bin beeindruckt und beschließe demnächst für Nachschub zu sorgen und zum Leidwesen meiner besseren Hälfte den Bestand des Weinkellers massiv aufzustocken.

Wo findet man eigentlich noch Künstler, Männer und Frauen mit Sachverstand?
Natürlich in einer Galerie, möchte man meinen, aber doch auch im alltäglichen Leben.
Ganz geballt aber natürlich, in einer Buchhandlung.
Und da fällt mir doch der Besuch letzte Woche in einer selbigen ein....
Auch da war es ein schöner Samstag und es lag nahe, Nützliches mit dem Angenehmen zu verbinden.
Also schnell ein paar Besorgungen in der Fußgängerzone erledigen und dann schön draußen in den neuen Biergarten setzen. Herrlich.
Unteranderem mußte noch ein Jugendbuch umgetauscht werden. Eine Kleinigkeit, wenn man sich vorher das heimische Bücherregal genauer anschaut.
Nun hatte ich ja schon genug damit getan, die Blumen zu gießen und den Nachbericht der Wall-Street zu studieren.
Dieses sollte sich allerdings als glatte Fehleinstufung der tatsächlichen Verhältnisse herausstellen. Wie an der Börse auch, hinterher ist man immer schlauer.
Nun standen wir also vor dem großen Regal, highnoon in der Buchhandlung.
Und was es da alles gab, ich schaute mir den einen oder anderen Buchrücken an.
Und ich gewann den Eindruck, unter einem Zauberwald, mindestens einem Einhorn und einer Streitmacht von undurchsichtigen Gesellen, ist heute in der Jugendsubkultur kein Krieg mehr zu gewinnen. Ich erinnere mich noch an damals, da gab es "Fünf Freunde" und einer davon war ein normaler Hund. Und auch der Zauberer war ein stinknormaler Gaukler.
Tatort für Jugendliche. Ja das waren noch Zeiten. Aber auch da schlug die Hyperinflation brutal zu, ohne daß es jemanden auffiehl.

Nachdem ich dann noch ein paar Fragen an die Dame stellte, welche mit Augenverdrehen beantwortet wurden und ich nur wissen wollte, ob es Sinn machen würde, wenn ich vielleicht draußen warte mit einem schönen frischen Weißbier auf dem Tisch, mußte ich leider feststellen, daß auch das Äußern dieser Idee wenig Begeisterung auslöste.
Immerhin gelang es mir erfolgreich, mich nach einer halben Stunde unbemerkt in die Herrenabteilung abzuseilen.
Und da wird einem schließlich immer was geboten, an Literatur und Sachverstand meine ich natürlich.
Da erkannte ich, warum Napoleon bei dem kleinen Waterloo so unterging.
Konnte Bilder über historische Segelschiffe anschauen.
Die neue große Enzyklopedie über den 1.Weltkrieg umging ich dann schließlich um mich an das Regal der weisen Männer vorzuarbeiten.
Schließlich gibt es hier immer neue Erkenntnisse und eine Bereicherung der Allgemeinbildung, welche ich persönlich immer als hohes Gut ansah.
Aber als ich da ins Regal blickte, wer schaute mir da entgegen?
Wo war er denn, der Scholl-Latour? Und wieso kein Altkanzler Schmidt? Und Loth & co?
Alle weg. Gut gut, keine Panik, denn da waren nun mal die neuen Weisen des Landes.
In der Hoffnung, daß wenigstens der Herr Westerwelle einige Bände der Altmeister daheim hat und sich diese verinnerlicht, griff ich beherzt zu.
Und die Auswahl ist groß.

Da war zum Beispiel der Herr Müller. Welcher Herr Müller? Der gutaussehende, mit schicken Anzug. Das wäre mal ein patenter Schwiegersohn, denkt sich da so manch einer.
Besser bekannt, ganz einfach, Mister Dax.
Da denke ich doch immer, Potzblitz, wenn einer so heißt, dann aber.
Der geht nicht mal so auf das Klo wie wir. Nein. Da riecht es nach Erkenntnis und Geld.
Und wenn der ein Buch schreibt, toll.
Da bin ich so aufgeregt wie schon lange nicht mehr beim Ergreifen eines Buches.
Sehr gut verständlich geschrieben und es kommt vieles dran.
Beim Lesen mußte ich mich allerdings doch schon reichlich wundern.
Ich möchte ja nicht mal anmerken, wieviele Mister Daxe ich schon hab kommen, reden und gehen gehört, beziehungsweise gesehen habe.
Aber warum muß heute gleich jeder ein Buch schreiben?
Wieso muß heute jeder Superstar werden?
Es ist erschreckend und als ich nun zum Thema vorstoße, was uns alle brennend interessiert.
Nämlich, was ist nur los mit unserem Geld und was sollen wir nun machen?
Da mußte ich mich doch kurz setzen und weiterlesen, schließlich ging es ja auch um mein Geld.
Um nicht vorzugreifen, ich wünschte, ich wäre nach der ersten halben Stunde sofort in den Biergarten gegangen.
Da wären meine 30.-- Euro weg. Ich wüßte wer sie hätte, wäre angeheitert und glücklich.
So einfach wäre es ja gewesen, so trivial und dennoch zufriedenstellend.
Aber so war es wieder wie ganz früher, damals, als so manche Bar dafür berüchtigt war, nur betrunken ertragbar zu sein.
Aber ich war nüchtern, nicht mal etwas gescheites gegessen.
Um es einfach auf den Punkt zu bringen, die Antwort auf alle Fragen ist nicht 42.
Nein, die Antwort... ist Nichts.
Wie bitte? Nichts?
Genau, bezogen auf das Geldanlegen scheint dem so zu sein.
Also da sind zum Beispiel die Immobilien.
Ganz übel, denn daher kommt doch die Krise.
Das verstehe ich, wird mir auch gut erklärt. Also scheidet das aus. Weder Fonds noch Eigene in Stein. Erstaunlich nur, daß mir viele Immobilienfonds bekannt sind, welche wirklich eine gute Rendite aufweisen unabhängig des Kaufzeitpunktes.
Das ist doch komisch oder wird da mal wieder alles in einen Topf geworfen?
Und ist die eigene Terasse nicht etwas schönes und erstrebenswertes?
Ich denke schon, gewiss kann man über die Immobilienpreise diskutieren.
Und ich wundere mich oft über die Verkaufspreisvorstellungen, nichts desto trotz.
Wo ein Käufer, da auch ein Markt.
Aber da werden die Immobilienmärkte in Spanien und Deutschland gleichgestellt.
Da wird US-subprime mit der Eigenheimfinanzierung der ortsansässigen Sparkasse oder Volksbank gleichgestellt.
Das ist so ähnlich als würde mein Zahnarzt demnächst auch noch mein Auto behandeln.
Und es kommt noch schlimmer, Aktien und Aktienfonds scheinen gar Teufelszeug zu sein.
Ich bekommen Schweißausbrüche, ist es so schlimm, geht die Welt unter, bin ich gar pleite?
Oder wenn nicht jetzt, dann morgen etwa?
Es gibt Zeiten, da kann man Aktien kaufen und solche, da darf man gar nicht.
Und genau jetzt, jetzt darf man keine haben und keine kaufen.
Und Fonds natürlich auch nicht.
Man nehme die Allianz, stand bei 400,-- Euro und jetzt nur 80,--
Glück gehabt, denk ich. Das ist an mir vorbeigegangen.
Und das sagt ein Börsianer im Fernsehen und legt es in Schriftform danieder.
Und dann wird noch der alte Papa Schlumpf der Börse verunglimpft.
Die These des Aktienkaufens, Schlaftabletten nehmen und in Zukunft mit Freude die Gewinne einstreichen, sei absolut tödlich und falsch, ja gar dumm.
Nachdem mir schon ganz schlecht ist von den ganzen Wahrheiten, lese ich nun auch noch wer Schuld ist, die Berater.
Gut, da waren auch paar andere noch beteiligt an der Misere, aber die Berater, diese Sparkassenlümmel. Da war es endlich offenbart und ich war froh, daß es doch so einfach ist.
Ähnlich wie in der Sendung mit der Maus.
Nachdem ich den drohenden Kreislaufzusammenbruch gerade noch abwenden konnte, mein lieber Herr Gesangverein, muß ich doch da mal mit ein paar Verrirrungen aufräumen.
Wenn man schon den Kostolani zückt, muß man auch erwähnen, daß selbiger niemals einen Hehl daraus machte, selbst dreimal pleite gegangen zu sein.
Ebenfalls ist die Geschichte mit den Schlaftabletten eine Metapher.
Und jeder, der über das Stadium von Rotkäppchen erwachsen ist, sollte dieses doch auch so verstehen können.
Und dann selbst als Schlußfolgerung die These zu generieren, daß man in der Krise keine Aktien kaufen darf, da fallen mir nach 20 Jahren Börse nicht mehr viele Dinge ein.
Wenn nicht dann, wann dann?
Sind denn so Weisheiten wie, Kaufen wenn die Kanonen donnern, vergessen?
Weiß noch jemand was eine Kanone ist?
Und natürlich immer auf die Qualität achten und sich der eigenen Leidensfähigkeit bewußt sein, sprich Risikoklasse.
Natürlich sollte nicht die 80-jährige Frau am 17 August 2011 Aktien von BASF kaufen.
Alleine die Annahme einer solchen punktuell in Zukunft gerichteten Einmalentscheidung ist mit ein wenig Erfahrung absurd.
Und erwiesenermaßen sind gute Fondssparpläne ein adäquates Mittel zum Vermögensaufbau.
Selektives Kaufen erfordert immer ein gutes timing und ob dem so war, erfährt man meist erst Jahre später und daß ein 20-jähriger Sparkassenmitarbeiter keinerlei Erfahrung haben kann, das bedarf keiner Analyse.
Generell, kaufen was man kennt und versteht. Nicht auf kurze Trends lange vertrauen.
Und immer nach seiner eigenen Mentalität handeln, daß sind Grundsätze, welche schon die
ganze Menschheitsgeschichte über bestand haben.
Den smarten Schreibern von heute hätte Gott wohl niemals die 10 Gebote anvertraut.
Ich bin froh, diese Erkenntnis in meiner teuren Freizeit erlangt zu haben.

Einzig der Henkel, ja es war ein langer Tag in der Buchhandlung, schien würdig für dieses Regal. Die Abwracker, leider drängte die Zeit.
Aber da waren die richtigen Thesen.
Da wracken Politiker Autos ab oder aber verführen uns dazu.
Da wracken Manager, einige wenige, Traditionsunternehmen ab.
Und da wracken ganze Gesellschaften ihr wichtigstes Gut ab, nämlich Anstand und Moral.
Und weil alles so lustig ist in der Nach-Spaßgesellschaft wird auch bei uns als führenden Industriestaat die Bildung abgewrackt.
Und das ist ein stimmiges Bild von einem nicht sehr mainstreem-besessenen Menschen, dessen Beliebtheit eher unterduchschnittlich ist.
Schon komisch, da gibt es bestimmte Menschen, die sich in einer mafia-ähnlichen Struktur von Begünstigung Posten zuschieben.
Ich wäre böse, würde ich sagen, es ginge eher um Unbefähigung.
Da wäre genug Stoff für Drehbücher und Filme mit Robert De Niro und Joe Pesci in den Hauptrollen.
Wie sonst konnte ein Konzern wie Hoechst von der Welt verschwinden.
Ein Globalplayer, totstrukturiert. 2 Weltkriege überlebt. Garant für Innovationen und Engagement, ein gutes Papier an der Börse.
Ich würde den Erfolg des Unternehmens bei heutigen Bestehen einer BASF gleichstellen.
Mutmaßungen, ich weiß. Und auch müßig, denn es war einmal.
Da kam ein Manager und hatte eine Vision. Und spätestens da hätten alle aufwachen müssen. Denn, fast immer wenn von großen Visionen und Welt-AG's die Rede war, wurde es sehr teuer. Für Aktionäre und Arbeitnehmer.
Quitiert wurden die Fehler seinerzeit mit den Sätzen wie, "wohl geirrt und einen Fehler gemacht".
Lange ist es her, wollen wir nicht darüber lamentieren.
Aber die Moral bei manchen Genossen ist geblieben. Daher muß eine Vergütung her, welche an Nachhaltigkeit knüpft.
Recht so. Und das sagt kein geringerer als Herr Henkel selbst.
Ebenfalls erstaunlich wie wenig wir in Bildung der Jugend in den Bereichen Wirtschaft investieren. Investieren!
Und...wir, große Teile der Gesellschaft, Familie, denn da fängt es doch schon an.
Nicht nur in der Schule. Aber darüber haben die Herren Sarazin und Westerwelle schon genug gesagt. Über die Art kann man streiten, aber doch nicht über die Notwendigkeit dieser Fragen für die Zukunft.

Aus der Ecke der Wohlfahrtsschreiber kam dann noch die letzte Rettung.
Mehr Geld. Von wem? Von uns. Wobei nach Müller ja eh morgen nichts mehr übrig ist.
In der Hoffnung, daß die Leser von heute nicht mehr Kopfrechnen können oder die böse Weltfinanzherrschaft alle Taschenrechner versteckt, werden hier nun zu guter letzt noch jede Menge Text- und Dreisatzaufgaben präsentiert.
Natürlich soll jeder mehr Geld bekommen, klar.
Nur die Finanzierung ist leider auch eine Frage, die etwas über die Grundschulmathematik hinausgeht und dennoch nicht des gesunden Menschenverstandes entbehren darf.
Ich habe nachgerechnet und es müßte nur jeder Werktätige monatlich 150,-- Euro netto spenden. Nun, ich weiß sehr genau, wie weit diese Zahl an der Realität des Bürgertums vorbeigeht, was die Leistbarkeit des Obulus erfordert.
Also noch ein Buch der Polemik und des Geseiche.

Bücher, die also kein Mensch braucht.
Thesen, über die jede Hausfrau lachen kann.
Wissen, welches sich jeder bei einem Einkauf im Supermarkt aneignen kann.
Hinten steht noch der Bohlen,der Dieter, ganz hinten auf der anderen Seite.

Fragen über Fragen...und eine Antwort riß mich seinerzeit aus der Trance,..."wir sind fertig!".
Gott-Sei-Dank!
Aber ich sorge noch für Gerechtigkeit...den Bohlen getauscht gegen Müller.
Denn, den habe ich sogar selbst im Schrank und da stehen Dinge drinne, die wußte ich nicht.
Für mein Weizen war es nun leider auch zu spät.
Aber gut, es gibt ja da noch diesen Wein, von diesem Künstler.

In diesem Sinne, einen schönen Frühling!

 

Kommentare