Wenn die Bank die Altersvorsorge versenkt

Quelle: VersJ vom 24.09.2008

Wenn die Bank die Altersvorsorge versenkt

Zertifikatgebundene Rentenversicherungen werden steuerlich wie Lebensversicherungen behandelt. Sie bieten die Chance, an der mittleren Wertentwicklung eines Basiswertes wie dem Euro Stoxx 50 oder eigens hierfür entworfenen Aktienkörben zu partizipieren, und sind mit Garantien ausgestattet. Doch wenn der Zertifikatgeber – in aller Regel eine Großbank – insolvent wird, ist die Altersvorsorge perdu. Die Finanzkrise macht das möglich.

Denn die Zertifikate im Rentengewand basieren auf Schuldverschreibungen der Banken, die die Versicherer erwerben und stückeln.

Ein Sicherungsfonds für solche Wertpapiere existiert allerdings nicht. In den entsprechenden Erläuterung der Zurich Gruppe, die solche Renten anbietet, heißt es denn auch kurz und knapp: „Der Kunde trägt das Kreditrisiko. Es gibt keine Auffangpools".

Finanzstärkeratings als Insolvenzschutz?

Eine Insolvenz der Emittenten sei jedoch weitgehend ausgeschlossen, versicherten die Versicherer noch vor Jahresfrist mit Hinweis auf die von angelsächsischen Ratingagenturen gut bewerteten Zertifikatproduzenten. Welchen Wert solche Finanzstärkeratings haben, das hat aber die aktuelle Finanzkrise deutlich gemacht.

Alle Investment- und Hypothekenbanken in den USA oder in Großbritannien, die der Wall Street-Tsunami hinweg gerissen oder ins Schlingern gebracht hat, waren bestens geratet.

Doch die Zertifikate der US-Investmentbank Lehman Brothers zum Beispiel sind jetzt nichts mehr wert. Nach Angaben der Wirtschaftswoche vom 23. des Monats war die Großbank mit über einhundert Zertifikaten auf dem deutschen Markt vertreten.

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Karikatur: M. Beenken

Unbeschadete Zertifikatgeber

Die Zertifikatgeber deutscher Rentenpolicen haben bislang die Schockwelle der Wall Street aber unbeschadet überstanden. Für die Nürnberger Lebensversicherung AG ist das die HSBC Bank mit Sitz in London, für die irische Inora Life deren Muttergesellschaft, die französische Société Générale.

Die Zertifikate der Swiss Life stammen allerdings von der US-amerikanischen Investmentbank Stanley Morgan, die etwas gerupft erscheint. Die Zurich bedient sich der Angebote der Deutschen Bank.

Und die Allianz Lebensversicherungs-AG baut auf eigene Entwicklungen. Garantiegeber des Zertifikats ist die Dresdner Bank, die künftig ein Teil der Commerzbank sein wird.

Eine etwas andere Police...

Die Aspecta Lebensversicherung AG, die erst jetzt mit ihrem Produkt Crossover.invest dazu gestoßen ist, besorgt sich die Zertifikate von der UBS, der Commerzbank, von HSBC Trinkaus sowie von der Société Générale.

Anders als bei den konkurrierenden Anbietern solcher Produkte ist Aspecta Crossover.invest kein Tranchenprodukt, das als Einmalbeitragspolice innerhalb einer bestimmten Frist und nur in einem nach oben begrenzten finanziellen Gesamtrahmen erworben kann. Vielmehr ist diese Police auch gegen laufenden Beitrag zu vereinbaren.

...mit Sicherheitsklauseln

Die Zertifikate sind auch lediglich eine Beimischung zur Fondsanlage. Außerdem hat Aspecta mit den Zertifikatgebern eine besondere Sicherungsklausel vereinbart, wie der Versicherer betont. Danach darf das in Zertifikaten angelegte Geld zurückgefordert werden, wenn das Rating der entsprechenden Bank um zwei Stufen fällt.

Dramatische Herabstufungen dieser Art sind allerdings eher selten. Selbst die American International Group (AIG), die nur mit Hilfe eines staatlichen Überbrückungskredits von 60 Milliarden Euro überlebt hat, wurde von Standard & Poor's, Moody`s, Fitch oder A.M. Best nur leicht heruntergestuft und unter Beobachtung mit negativem Vorzeichen gestellt.

Rettung vor der Abgeltungsteuer...

Zwar sehen die mit Zertifikatanteilen unterfütterten Policen so aus, als wären sie für eine Klientel entwickelt worden, die vor allem daran interessiert ist, ihr Geld vor der Abgeltungsteuer zu bewahren, koste es, was es wolle.

Die Verträge laufen zwölf Jahre und richten sich vorzugsweise an eine ältere Klientel, für die das Alter 60 keine ferne Zukunft mehr ist, um den Vorschriften für die besondere steuerliche Behandlung von Lebensversicherungen zu entsprechen.

...für betuchte Kunden

Es sind auch vorwiegend vermögende Kunden, die damit angesprochen werden, wie Maximilian Zimmerer, Vorstandsvorsitzender der Allianz Lebensversicherung-AG, im August 2006 erklärte. So griffen beim Vorläuferprodukt der neuen Portfolio-Police aus Stuttgart Ende 2006 rund 4.200 Kunden zu, wobei 25 Renten jeweils über Summen von mehr als 250.000 Euro abgeschlossen wurden.

Darunter war sogar ein Einmalbeitrag von 4,7 Millionen Euro. Die Mindestbeiträge beginnen bei 5.000 Euro (Inora Life, Nürnberger Leben, Swiss Life) und reichen bis 10.000 Euro (Allianz, Zurich). Bei Aspecta genügen sogar 2.500 Euro.

Doch schon seit 1996 auf dem Markt

Als Antwort auf die Abgeltungsteuer sind diese kapitalmarktnahen Rentenversicherungen gleichwohl nicht zu sehen. Denn so neu sind diese Entwicklungen nicht.

Die Swiss Life zum Beispiel hat ihr erstes aktienindiziertes Produkt bereits 1996 auf den Markt gebracht. Im Jahr 2001 folgte dann die Inora Life. Allianz, Nürnberger und Zurich zogen wenig später nach.

Zertifikate weit verbreitet

Im Prinzip handelt es sich bei zertifikatgebundenen Rentenversicherungen um eine Art von Fondspolicen mit Höchststandsgarantie zum Ende der Laufzeit des Zertifikats. Doch gerade der Markt für Zertifikate boomt. „Bereits 4,5 Millionen Deutsche besitzen Zertifikate", schätzt Lüder Mehren, Vertriebsvorstand der HDI-Gerling Leben-Gruppe, zu der Aspecta gehört.

Auch die Garantien klassischer Fondspolicen beruhen auf Zertifikaten, denen die Finanzaufseher durch das Verbot von Leerverkäufen aber fast die Geschäftsgrundlage entzogen hätten. Laut Handelsblatt vom 23. September jedenfalls wurde der Handel danach vorübergehend ausgesetzt.

Fast am Verbot für Leerverkäufe gescheitert

Doch das Verbot der Leerverkäufe von Aktien bestimmter Banken und Versicherer bis zum 31. Dezember des Jahres gelte ausschließlich für Spekulationen, wie das Handelsblatt unter Berufung auf die BaFin weiter berichtete.

Die BaFin sieht Zertifikatanbieter in einer Sonderrolle. Leerverkäufe, das sogenannte Hedging zur Absicherung von Kursrisiken, dürfen jedenfalls weiter getätigt werden.

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